Skulpturengarten der Stiftung Ohm

MODERNE TRIFFT BAROCK

Bei der Gründung der Stiftung Ohm im Jahr 2009 lag der Fokus im Wesentlichen auf Publikationen zum künstlerischen Werk von Wilhelm und August Ohm sowie einem Bestandskatalog der kostümgeschichtlichen Sammlung. Neben Meisterzeichnungen, Gemälden und historischen Instrumenten bewahrt die Stiftung aber auch eine bedeutende Skulpturen-Sammlung mit Werken vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Beispiele in unterschiedlichen Materialien, Holz, Bronze und Stein, werden zeitlich begrenzt im Rahmen von Themenausstellungen im Haus der Stiftung gezeigt. Daneben ist eine Gruppe von barocken und modernen Arbeiten dauerhaft im Skulpturengarten ausgestellt.

https://www.sh-kunst.de/werke/kunstwerke-in-parks-und-sammlungen/garten-der-stiftung-ohm/.

Matthias Braun, Flora, Sandstein um 1725, H 188 cm

Leon Battista Alberti stellt um 1430 in seiner Schrift “de Statua“ den Ursprung der plastischen Kunst folgendermaßen dar : „ … man nahm wohl zufällig einst an einen Baumstumpf oder an einem Erdklumpen oder sonst an irgendwelchen leblosen Körpern gewisse Umrisse wahr, die – schon bei ganz geringer Veränderung – etwas andeuteten, was einer tatsächlichen Erscheinung der Natur überaus ähnlich sah. Dies nun bemerkte man und hielt es fest. … Manche fügten hinzu und nahmen ebenso auch weg, … Andere verminderten lediglich: genau wie diejenigen, die eine gesuchte Menschengestalt, als sei sie in einem Marmorblock eingelassen und in ihm verborgen, ans Licht befördern, indem sie gleichsam das Überflüssige wegschlagen“1. Diese letztere Anschauung von der Skulptur berührt sich mit der von Michelangelo vertretenen neuplatonischen Idee von einer Freisetzung des Geistes aus dem Kerker einer naturhaften Materie.2

Seit der Renaissance bis in das 18. Jahrhundert wurde unter Künstlern und Kritikern im Rahmen eines Paragone (=Vergleich) gestritten um die Vorherrschaft innerhalb einer Hierarchie der Künste. Während die Malerei und Poesie komplexe Geschichten erzählen könnten, so meinten Einige, sei die Skulptur an die bloße Materie gebunden 3. Dagegen hoben die Verteidiger der Skulptur ihre Vielansichtigkeit hervor und die Behauptung, dass die „Denkmäler“, welche die Bildhauer schaffen, wirkungsvoller, wirklicher und dauerhafter seien als alles, was von Malern geschaffen werden kann. Wohl nie ist die Bedeutung der Skulptur so überhöht beschrieben worden wie von Hegel 4. Zu Hegels hymnischem Lob der Bildhauerkunst gibt Francis Haskell einen erstaunten Kommentar: „ Dass wir Perikles und Platon, Sophokles und Thukydides nicht ohne „Einsicht in die Ideale der Skulptur“ verstehen könnten, hätte kein Historiker oder Philosoph und nicht einmal ein Künstler oder Altertumsforscher in missionarischstem Eifer zu behaupten gewagt “5 .

Unser Skulpturengarten zeigt räumlich-plastische Gestaltungen aus unterschiedlichen Epochen, vom manieristischen Torso der Zeit um 1600 und überlebensgroßen barocken Sandsteinplastiken bis zu Edelstahlarbeiten der Moderne.

August Ohm

Anmerkungen

1: Alberti, das Standbild – die Malkunst – Grundlagen der Malerei, Darmstadt 2000, S.143

2: Panowsky, Studies in Iconology, Oxford 1939/New York 1962, S.178 ff.

3: zur Hierarchie der Künste vgl. Lessing, Laokoon oder über die Grenzen der Malerei und Poesie, 1766, Warnke, der Hofkünstler, Köln 1985, S.245 ff.. Krahn, von allen Seiten schön, Berlin 1995, S.10. Eine Übersicht der Literatur zum „Paragone“ in Alberti, Darmstadt 2000, S.325 f..

4: Hegel, Frankfurt a.M. 1970, XIV, S.374.

5: Haskell, München 1995, S. 253.

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